Stagnation in dem Sinne, daß es bislang nicht gelungen ist, Fehler bei der Interpretation auch
alter Spezifikationen komplett zu beheben, es gibt also im Grunde nichts, wo man sich drauf
verlassen kann, daß es durchgehend so wie spezifiziert funktioniert.
Es wird zwar immer viel Neues angefangen, teils implementiert, teils dann wieder geändert und
dann immer noch nicht komplett richtig implementiert.
Stagnation aus Sicht der Autoren, weil sie sich letztlich nicht drauf verlassen können, was
spezifiziert ist. Was etwa hinsichtlich HTML wirklich funktioniert und spezifiziert ist, unterscheidet
sich jetzt auch nicht so stark von dem, was man mit Mosaic und dem Nachfolger Netscape so
anfangen konnte. Stagnation auch hinsichtlich der Fehlerbehandlung bei HTML - mit HTML5 ist
lediglich oder bestenfalls in einem gigantischen Machwerk festgeschrieben, wie sich
Darstellungsprogramme verhalten haben, wenn sie auf unsinnige Dokumente stoßen. Während
es bei XML/XHTML immerhin ein sauberes, durchschaubares Konzept zur Fehlerbehandlung
gibt, sind die Regeln für HTML5 ein konzeptloser Dschungel, der natürlich auch nicht für alle
Programme gilt, sondern nur für bestimmte, die man sich herausgepickt hat.
‘Fortschritt’ in dem Sinne, daß es immer mehr Spezifikationen und Teilimplementierungen von
irgendwas gibt - es gibt also immer mehr, was man als Autor machen kann, aber es wird bedingt
durch die vielen verschiedenen Versionen von Darstellungsprogrammen und deren Fehlern
und Lücken natürlich auch immer komplexer, Dokumente so zu gestalten, daß sie 'allgemein’
auch praktisch wirklich brauchbar dargestellt werden können.
Sehr begrenzt nützlich sind dabei auch neue Methoden, die auf spezielle Programme oder
Voreinstellungen der Programme zugeschnitten sind, wenn sich nicht mehr oder weniger
automatisch ein alternativer Zugang für die anderen herstellen läßt.
Was den einen Nutzern, vieleicht sogar der Mehrheit, als Fortschritt erscheinen mag, wird für
andere schnell zur unüberwindlichen Barriere, entweder weil die Methode schlecht durchdacht
ist oder weil Autoren sie so anwenden, daß sie zu Barrieren werden. Da gewichte ich das
Schicksal derjenigen, die Opfer einer neuen Methode sind, immer deutlich mehr als das
Schicksal jener, die davon profitieren, weswegen es im Schnitt also Stagnation oder Rückschritt
bedeuten kann, wenn Autoren unausgereifte Methoden verfügbar gemacht werden.
Stagnation ergibt sich somit nicht zwangsläufig, wenn man auf der Stelle tritt, man kann auch im
Kreis laufen oder die Dinge divergieren in verschiedene Richtungen.
Von einem klaren Fortschritt kann man also sprechen, wenn Information für alle einfacher
zugänglich wird - etwa die Einführung von CSS war da mal ein guter Versuch, wird aber durch
die Praxis der Implementierer und der Autoren auch schon wieder stark relativiert.
Auch SVG ein schöner Versuch, bleibt durch Implementierungsmängel und mangelhafte
Anwendung durch Autoren aber deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück - aktuelle
Bemühungen der W3C-Arbeitsgruppe und der Implementierer lassen da auch kaum auf
Besserung hoffen.