Entschuldigt, falls ich dazwischenplatze, aber das ist ein gefundenes Fressen…
Zum eigentlichen Thema:
in meiner schulischen Laufbahn hab ich mich im Gebrauch der Sprache ziemlich gesteigert. Inzwischen hab ich - aus Mangel an adäquaten Gesprächspartnern in meinem Bekanntenkreis - doch deutlich abgebaut. Asche auf mein Haupt.
Richtiges Deutsch hängt aber m. E. nicht von Doppel-s oder Trennungsregeln ab, sondern…
Schwere Sprache? Nein!
Das letzte Mal gehört habe ich korrektes Hochdeutsch um zirka 1996. Seitdem hat sich der Sprachkrebs durch den umfassenden medialen - geistigen - Druck, dem wir in der ach so kommunikativen Gesellschaft ausgesetzt sind, erst schleichend, später grassierend in Ausdruck und Inhalt fast aller Sprachmündigen hier zu Lande gefressen. Deutschland ist nur noch Land. Man hört den Leuten an, wie medienhirngewaschen sie sind.
Das “Schöne” daran ist ja, daß Inhalte - Wissen, Information, der Wortschatz eines ganzen Volkes - nicht nur leicht manipuliert, sondern schlicht nicht mehr weitergegeben werden (können). Die PISA-Studie hat uns nur die Spitze eines Eisbergs gezeigt. Vor zwanzig Jahren wäre das Ergebnis nicht derart horribel ausgefallen. Ausdruck beweist Geisteszustand. Man geht halt nur noch zur Uni, nicht mehr hinein. Aber wo geht es denn los mit der Lingua idiotica?
Deine Sprache tu ich mir nicht an!
“****, kannst Du mal bitte ins Büro hoch gehen?” (in der Arbeit)
Nein, kann ich nicht. Ich kann geradeaus gehen, schwerfällig, leichtfüßig, vielleicht sogar betrunken, aber nicht “hoch”. Wenn ich gehe, beträgt meine Höhe über Grund null Meter, anderenfalls nenne ich es schweben. “Hoch” ist keine Richtung, in die ich mich bewege, “hoch” ist eine Eigenschaft von Objekten. Die Richtung heißt in diesem Fall “hinauf”.
Übrigens: auch ein Bergsteiger, der sich talwärts bewegt, steigt - vom Tal aus gesehen - hoch, hoch über dem Tal nämlich.
"Ich hab ewig an der Ampel gestanden!"
Glaub ich nicht. “Gestanden haben” kann ich vor Gericht, bestenfalls noch beim Verhör bei den Grünweißen. “Gestanden haben” hat mit “stehen” nichts zu tun, denn es ist das Imperfekt von “gestehen”. Die korrekte Form lautet “gestanden sein”. Wer sich bei haben/sein nicht sicher ist, frage nach dem Objekt (es steht immer im Akkusativ):
Ich habe angepisst. - Wen oder was? - den Baum.
Ich bin angepisst. - Wen oder was? - ???
Ihr versteht das Prinzip. Es gilt übrigens auch für “gesessen sein” u. a.
(Ich möchte hier noch aus “Lucky Luke” zitieren: “eieiei… hängen, hängte, gehängt im Gegensatz zu hängen, hing, gehangen… Bauerntölpel.”)
Das sind wohl die häufigsten Tatbestände in der Sprachlandschaft, neben falscher Pluralbildung, (absichtlicher) Falschbenutzung von Fremdworten und Fachausdrücken, Sinnzersetzung durch Weglassen von Vorsilben etc. Ich hab’s aufgegeben, dagegen an zu streiten, seit auch “der Duden” und die meisten Schulbuchverlage ihre Sprachkompetenz medienwirksam und hochbezahlt vergewaltigt und entsorgt haben. Das Brett vor dem Kopf - ein Statussymbol. Oder für die Historiker: die späte Rache des Reichsspracherlasses aus der Kaiserzeit.
Ich schreib doch alles richtig!
Um es kurz zu sagen: Rechtschreibung - besser: Rechtschrift - ist Kosmetik. Halbwegs durchdachte Aussagen, gepaart mit passabler Syntax, halten jeglichem orthografischen Sturm und Drang Stand, denn wenn Sinn und Inhalt verständlich bleiben, mahcen ein par felher nicht smehraus. Rechtschrift ist ein angenehmer Standard fürs Papier, alles Andere ist Sprache. Oder hörst Du vielleicht, ob ich nach den neuen Duden-Regeln fluche?
Sooo. Entschuldigt mich bitte, wenn mein erstes Posting hier gleich eine Tirade ward, vielleicht auch etwas daneben geraten ist, ich hab nur soviel Wut auf die allgegenwärtige Verdummung. Ich mag Sprachen und muß an jedem Arbeitstag viel geistiges Siechtum ertragen, hier unten, in der Unterschicht.
Ja, also… das wollt ich nur loswerden. Wenn’s sich stellenweise wirr liest, war die Uhrzeit schuld.
Jetzt haut mich. Feste.
Wikinger, müde, aber wütend